Früher, so hört man manchmal, sei alles besser gewesen. Das mag für manche Dinge stimmen – für die Ökumene sicher nicht. Die blüht und wächst weltweit, auch bei uns in Garmisch-Partenkirchen. In diesen Tagen bereiten wir auch heuer wieder ökumenische Gottesdienste für den Reformationstag und den Buß- und Bettag vor. Wir freuen uns darauf! Nicht immer haben unsere Kirchen freilich so gut zusammengearbeitet. Das weiß ich aus der eigenen Familiengeschichte:
Meine Großmutter, 1905 in München geboren, verliebte sich in den 20er Jahren in einen Protestanten. Die ganze Familie geriet deshalb in Aufruhr. Für ein Jahr wurde den jungen Leuten jeglicher Kontakt verboten. Man solle sich prüfen, hieß es. Als die beiden dann doch beschlossen, zu heiraten, wurde meine Großmutter von ihrer Kirche exkommuniziert. Als fromme Katholikin hat sie das hart getroffen. Ihr Leben lang besuchte sie Sonntag für Sonntag die Kirche, traute sich aber nicht mehr, zur Kommunion zu gehen. In den 1980er Jahren heiratete meine Schwester einen Katholiken. Eine ökumenische Trauung wurde gefeiert. Der katholische und der evangelische Pfarrer teilten zusammen das Abendmahl aus und luden alle dazu ein. Unsere mittlerweile betagte Oma nahm auch teil – ein bewegender Augenblick, nach den vielen Jahrzehnten, in denen sie ausgeschlossen und für ihre Liebe zu ihrem evangelischen Mann bestraft worden war. Sie hatte Tränen in den Augen. Es war, als würde eine uralte Wunde heilen. Die Sensibilität, der Mut und die Großherzigkeit beider Pfarrer und die Entwicklung, die die beiden Kirchen im 20. Jahrhundert genommen hatten, konnten eine alte, tiefe Verletzung heilen.
Es sind immer Menschen, die aus vielen kleinen Teilen große, tragfähige Brücken bauen. Ohne die vielen Ehepaare, die es vorleben, wie man unterschiedlichen Konfessionen angehören und trotzdem Liebe leben kann, wäre die Ökumene nicht gewachsen. Deshalb bin ich Menschen wie meiner Oma dankbar. Lange Zeit hat sie schmerzlich bezahlt für ihre Haltung. Am Ende hat sie aber erleben dürfen, dass es Früchte trägt, wenn Menschen aufrecht ihren eigenen Weg gehen – im Leben und im Glauben.
Ihre Pfarrerin
Uli Wilhelm
Nicht alle Menschen in unserer Gemeinde haben Internet. Wir legen daher in unseren Kirchen ausgedruckte Exemplare unserer Gemeindewoche mit dem ANgeDACHT, den aktuellen Terminen und Neuigkeiten aus der Gemeinde aus. Gerne können Sie die aktuelle Gemeindewoche runterladen und einem Nachbarn oder einer Nachbarin mit einem kleinen Gruß in den Briefkasten stecken.