Vom Wert des Loslassens: Glaube und Gelassenheit als Lebenskunst

Pfarrerin Uli Wilhelm
Bildrechte Uli Wilhelm

Das kleine Mädchen steht da, die Hand seiner Mama fest umklammert. Da drüben sitzt Papa. Er lockt: „Komm her zu mir. Trau dich. Los!“ Mama bewegt sich nicht. Da lässt die Kleine ihre Hand los. Wackelig und ein wenig taumelnd stürzt sie schwankend auf ihren Vater zu. Der fängt sie lachend auf. Das Wunder ist geschehen: Das kleine Menschlein hat seine ersten selbständigen Schritte gemacht!

Als Eltern oder Großeltern ist uns diese Szene vertraut. Ein besonderer Augenblick ist das, wenn ein Kind seine ersten Schritte wagt. Wie viele erste Schritte werden noch folgen! Zum ersten Mal in den Kindergarten, der erste Schultag, die erste Übernachtung anderswo, der erste Urlaub ohne Eltern und so weiter. All diese ersten Male setzen Loslassen voraus. Das beginnt mit der Geburt und reicht bis zum letzten Atemzug. Auch der letzte Schritt im Leben, das Sterben, ist am Ende ein großes Loslassen. Ohne Lassen gibt es keine Selbständigkeit, keine Entdeckungen, keine Entwicklung. Sich gehen lassen ist nötig, um Selbst-Bewusstsein zu entwickeln. Wer Neues ausprobieren will, muss Sicherheit verlassen. Nur wer loslässt, kommt an. Gut, wenn wir dabei aufgefangen werden wie das kleine Mädchen von seinem Papa. Gut, wenn es Eltern gibt, die uns etwas zutrauen, Freundinnen, die für uns da sind, eine Familie, die auch in schwierigen Zeiten zu uns steht, Kollegen, die einander solidarisch verbunden sind. Und gut, wenn wir glauben können, dass da Gott ist, der unser Leben auffängt. „Du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand“, heißt es. Ein schönes Bild für das tiefe Grundvertrauen, das der Glaube schenkt: In allem Loslassen, allem Schwanken und Taumeln unseres Lebens ist Gott auf geheimnisvolle Weise da. Er ist das Woher und das Wohin unseres Lebens. Dieses Vertrauen schenkt Gelassenheit. Meister Eckhart, der große Mystiker des Mittelalters, konnte von der „Tugend Gelassenheit“ sprechen und meinte damit das Loslassen: „Man muss erst lassen können, um gelassen zu sein“ schreibt er. Auch Eckarts Schüler Heinrich Seuse schwärmte vom gelassenen Menschen, den kein Vorher und kein Nachher zerstreue. So ein Mensch lebt gelassen und präsent, ganz im Augenblick und zugleich in der Weite göttlicher Ewigkeit.  

Das wünsche uns allen, dass wir gelassen und vertrauensvoll unseren Weg gehen können: selbständig, engagiert, solidarisch und getragen vom Vertrauen, dass Gott gerade im Loslassen bei uns ist.

Ihre Pfarrerin Uli Wilhelm

Tageslosung

Liturgischer Kalender

Liturgischer Kalender

Aktueller Feiertag:

15.12.2024 3. Advent

Wochenspruch: Bereitet dem HERRN den Weg; denn siehe, der HERR kommt gewaltig. ( Jes 40,3.10 )
Wochenpsalm: Ps 85,2–8
Predigttext: Röm 15,4–13


Der nächste hohe kirchliche Feiertag:

25.12.2024 Christfest I

Zum Kalender

Mehr zum Thema Loslassen

Loslassen - Voraussetzung für Veränderung

Pfarrerin Irene Konrad
Bildrechte Hanns-Martin Hager

Noah, Abraham, Isaak und Jakob, Josef …. Das Alte Testament ist voll von „Loslass-Geschichten“: Noah muss alles zurücklassen und in die Arche. Abraham wird von Gott aus Haran weggeschickt, Jakob flieht vor seinem Bruder zu seinem Onkel, Isaak zieht wegen einer Hungersnot nach Gerar und Josef wird nach Ägypten verschleppt. Keiner von ihnen macht sich freiwillig auf den Weg.  Aber ohne Abschied kein Neuanfang: Auf dieser Welt gibt es nichts, was wir behalten können.

Loslassen - Müssen

Kreuz an der Johanneskirche in den Farben der Ukraine
Bildrechte Martin Dubberke

Mein Name ist Marina. Ich komme aus einer kleinen Stadt im Osten der Ukraine (Region Kharkiv, Distrikt Kupyansky, Stadt Kovsharovka) , die laufend unter der Besatzung der russischen Föderation steht.

Ich habe lange Zeit in Kyiv gelebt, dort wurde ich vom Krieg, der am 24.2. 2022 begann, am Vorabend meines Geburtstags überrollt.

 

KRIEG

Dieses Wort verband ich in meinem Kopf immer mit Geschichte...! Mit Ereignissen, über die man in Büchern lesen und im Kino Filme sehen konnte.

Loslassen - Gelassenheit aus der Perspektive des Umweltteams

Grüner Gockel - Logo
Bildrechte ELKB

Durch Umweltschutz beugen wir Naturkatastrophen vor. Je mehr Wälder abgeholzt werden, desto mehr ändert sich das Klima. Wenn es immer weniger Bäume gibt, dann kann auch weniger CO2 umgewandelt werden. Die Tiere verlieren ihren Lebensraum. Dürreperioden, Waldbrände und Hurrikane sind die Folgen, die aus der Abholzung entstehen, das bekommen wir ja bereits zu spüren. Es bleibt uns nicht mehr viel Zeit, darüber nachzudenken. Jetzt ist wirklich schnelles Handeln erforderlich.

Unser Gemeindebrief im Sommer 2022

Loslassen - Voraussetzung für Veränderung

Pfarrerin Irene Konrad
Bildrechte Hanns-Martin Hager

Noah, Abraham, Isaak und Jakob, Josef …. Das Alte Testament ist voll von „Loslass-Geschichten“: Noah muss alles zurücklassen und in die Arche. Abraham wird von Gott aus Haran weggeschickt, Jakob flieht vor seinem Bruder zu seinem Onkel, Isaak zieht wegen einer Hungersnot nach Gerar und Josef wird nach Ägypten verschleppt. Keiner von ihnen macht sich freiwillig auf den Weg.  Aber ohne Abschied kein Neuanfang: Auf dieser Welt gibt es nichts, was wir behalten können.

Musik und Musiker*innen im Sommer und im Herbst 2022

Schmid-Orgel in der Johanneskirche zu Partenkirchen
Bildrechte Martin Dubberke

Chöre und Instrumentalgruppen sind auf regelmäßiges Proben unter guten Bedingungen angewiesen. Dies war in den Coronazeiten nicht möglich und das hat Spuren hinterlassen. Hinzu kommt das Phänomen, dass der Wert der regelmäßigen Arbeit von so vielen Ehrenamtlichen, die für Ihre Gemeinden und die Kirchenmusik erstaunlich viel Zeit und Mühe einsetzen, die sich einer notwendigen Verbindlichkeit ihres Ehrenamts unterwerfen, von vielen Verantwortlichen kaum gesehen oder wenig wertgeschätzt wird - und das in einer Zeit des Verfalls des kirchlichen Lebens!

Loslassen - Müssen

Kreuz an der Johanneskirche in den Farben der Ukraine
Bildrechte Martin Dubberke

Mein Name ist Marina. Ich komme aus einer kleinen Stadt im Osten der Ukraine (Region Kharkiv, Distrikt Kupyansky, Stadt Kovsharovka) , die laufend unter der Besatzung der russischen Föderation steht.

Ich habe lange Zeit in Kyiv gelebt, dort wurde ich vom Krieg, der am 24.2. 2022 begann, am Vorabend meines Geburtstags überrollt.

 

KRIEG

Dieses Wort verband ich in meinem Kopf immer mit Geschichte...! Mit Ereignissen, über die man in Büchern lesen und im Kino Filme sehen konnte.