ANgeDACHT - Optimismus: Die Zivilcourage unserer Zeit?

Ralf J. Tikwe
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Es braucht nur wenige Worte des Austausches. Ganz gleich, ob die Begegnung auf der Straße stattfindet, in der Schule, der Arztpraxis, im Verein, bei einer Familienfeier oder im Rahmen einer kleineren oder größeren Veranstaltung – rasch holen sie uns ein: Die Themen der Sorge, der Bedenken, eines pessimistischen Blicks in die Zukunft.

Für die gegenwärtigen gesellschaftlichen Herausforderungen, der politischen Anfragen und Umbrüche, den ganz persönlichen Unsicherheit mit Blick auf die Zukunft ist ein nüchterner Blick auf das „was ist“ durchaus angesagt. Und für die Parteienlandschaft ist die aktive Wahrnehmung eines verunsicherten Lebensgefühls natürlich auch Ausgangspunkt, da und dort gar „Nährboden“, für die emotionale Positionierung, neben den Fakten eines Wahlprogramms.

Der britische Polarforscher Sir Ernest Henry Shackleton (geboren am 15. Februar 1874) konnte seine Crew nach 635 Tagen in der Antarktis retten. Seine Haltung, die wohl auch durch das Schiffsunglück und der damit verbundenen durchlebten Hoffnungslosigkeit reifen konnte, beschreibt er so: „Die Eigenschaft, nach der ich am meisten suche, ist vor allem Optimismus angesichts von Rückschlägen und vermeintlichen Misserfolgen. Optimismus ist wahre Zivilcourage.“

Zivilcourage hat so viele Gesichter, aber bei allen Überlegungen, aller Kreativität und Strategien, sollten wir vor allem nicht vergessen, dass sie auch immer wieder „unser Gesicht“ tragen sollte. Ja, das „gesellschaftliche Schiff“ bewegt sich derzeit auf dem „stürmischen Gewässer“ der kleinen und großen Konflikte unserer Zeit. Eine Art „Kälte des kulturelle Miteinanders“, inmitten der „Antarktis von Wut, Vorurteil und Hass“ vermag die eigene Sichtweise auf der Suche nach Zukunft einzuschränken.

Pessimismus nährt und erstarkt genau in solchen Gezeiten des Lebens. Vielleicht hat Sir Ernest Henry Shackleton recht und die Anfrage an die Qualität unserer gelebten Zivilcourage dieser Tage ist der Optimismus. Ihm ging es dabei nicht um eine Art blindes Vertrauen, sondern sich immer wieder bewusst zu machen, solange man am Leben ist, kann man Entscheidung treffen, das eigene Schicksal in die Hand zu nehmen.

Ich wünsche Ihnen in diesen Zeiten und den Entscheidungstagen mit Blick auf eine Bundestagswahl, eine gestärkte Grundhaltung des Optimismus. Lassen Sie sich auch nach berechtigten hitzigen Diskussionen, letztlich nicht von Untergangsstimmungen oder der „Antarktis menschlicher Empfindungen“ leitet. Setzen Sie als Ausdruck ihrer Zivilcourage immer wieder ein Zeichen, das dem Leben, dem Mit- und Füreinander dient.

Der Weg Gottes mit uns Menschen ist wahrlich ein unablässiges Zeichen seiner Courage für eine beständige Liebe zu uns, sein „Ja“ inmitten allen „menschlichen Schiffsbruchs und Kälte“ seiner Menschenfamilie. Oder, um es mit Dietrich Bonhoeffer zu sagen, einem weiteren Geburtstagskind dieses Monats:  

Mag sein, dass der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.“

shalom  ralf j. tikwe