Wenn es frisch wird, wenn Gerüche mit Nebelschwaden einem in die Nase kriechen, wenn über Feuern schlank der Rauch steht, kann ich den Herbstblues spüren.
Volker Kriegel brachte ihn zum Klingen. Sogar in der Schule.
Eine Platte in der „Villa“, in der wir Freistunden verbrachten, lieferte uns Melodien dazu. Octember variations. Jazz. Nicht trist. Nicht mit zu viel Tempo. Eher schreitend, ausweichend auch, andere umspielend, und doch vorwärts, kräftig, wach.
Bei den Bauern wurden Kartoffeln für die Schweine eingedämpft, wir schnabulierten mit und waren mit Jubel erfüllt, wenn es brannte und wir die heißen Dinger nicht fallen ließen. Auf dem Land gehörten Blut und die Schlachtschüsseln auch dazu.
Als Vikar lernte ich in Altbayern den Kirchweihsonntag kennen:
Den dritten Sonntag im Oktober. Enten und Gänse wurden gemästet. Ein Oktoberfest für die Dörfer stand an. Wirtschaften hatten offen. Es konnte lang gefeiert und getanzt werden.
Nach dem Gelehrten Thomas von Aquin sollte man das alles nicht gering schätzen. Es kann betrübten Seele aufhelfen. Martin Luther sah das ähnlich. Wenn Dunkel die Seele überfällt, helfen Musik, der Schlaf, ein Buch, ausgiebiges Baden, der Tanz.
Wir Menschen brauchen solche Kräfte, um uns nicht zu weit in uns selbst zurück zu ziehen. Etwas, was lockt, gegen das Dunkel und den Tod die Poren offen zu halten: für Andere, für Gott, das Leben, Licht, Liebe.
Gott hat einen feinen, starken, kämpferischen Sinn dafür.
Wenn es um Sie und mich oder in der Ukraine oder im nahen Osten,
kalt wird, denke ich an die Madonna von Stalingrad,
an eine Zeichnung, mit der ein Soldat ein Bekenntnis zu Gott ablegte:
Licht, Leben, Liebe bleiben bewegend! Unter allen Umständen!
Gott erhalte uns in seiner Wahrheit! Einen segensreichen Herbst
zwischen Erntedank, und einem hoffentlich bewegend fröhlichen
Kathreinerles Tanz!
Octember variations!
Wünscht Ihr Gottfried v. Segnitz