Wes das Herz voll… - 10 Impulse zur Friedensdekade von Pfarrerin Birgit Schiel

Pfarrerin Birgit Schiel
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Ich treffe eine meiner Schülerinnen, die gerade strahlend ins Klassenzimmer kommt. Als ich sie darauf anspreche, quillt ihre Freude nur so aus ihr heraus, froh, endlich ein Gegenüber zu finden, das sich dafür interessiert. Ein Beispiel für das zum Sprichwort gewordene Wort der Bibel: „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.“

Wenige wissen, dass dieses Sprichwort in der Bibel steht und dass dies Worte aus dem Munde Jesu Christi sind. Es ist eine Weisheit, die wir uns sehr zu Herzen nehmen sollten.

Für Jesus ist das Herz des Menschen Mittelpunkt und Zentrum der menschlichen Person. Er vergleicht es mit einer Schatzkammer, aus der man Gutes oder Böses hervorholen und weitergeben kann.

Deshalb sagt er in diesem Zusammenhang: „Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus dem Schatz seines Herzens; und ein Böser bringt Böses hervor aus dem bösen. Denn wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.“ Er vergleicht damit das Herz des Menschen mit einem überfließenden Gefäß, aus dem schließlich nur das überfließen kann, was in ihm enthalten ist. Ist es mit Gutem gefüllt, wird das Gute überfließen. Steckt das Böse darin, quillt das Böse heraus.

So werde ich, wenn mein Herz gerade voller Ärger oder unerfüllter, unausgesprochener Bedürfnisse und Gefühle steckt, meinem Gegenüber womöglich schnippisch, abweisend oder kalt antworten.

Schon viel früher gibt deshalb die Bibel im Buch der Sprüche die dringliche Empfehlung: „Achte auf dein Herz mit allem Fleiß, denn daraus quillt das Leben.“ Wenn es stimmt, dass all unser Tun und Denken und Fühlen im Herzen beginnt, lohnt es sich, so auf das Herz zu achten, auf die Dinge, mit denen wir uns  gedanklich beschäftigen, auf die Nachrichten, die wir aufnehmen, auf die Menschen, mit denen wir uns umgeben, auf die Sendungen im Fernsehen, die wir sehen. Alles füllt unser Herz und sollte daher gut geprüft werden. Nicht gegen alle bösen Einflüsse kann man sich abschotten, aber man kann sehr wohl wählen, wie man sich dazu verhalten will.

Auch der Frieden in der Welt wird letztlich davon abhängen, dass wir in unserem Herzen Frieden schaffen. Und es liegt an uns, uns bewusst dafür zu entscheiden. Das Böse kommt immer von selbst, das Gute muss man suchen, wählen und sich dafür entscheiden.

Als 1979, mitten in der Zeit des Kalten Krieges, die Kirchen in Europa eine Friedenswoche beschlossen, wollten Sie den Frieden in den Herzen der Menschen fördern, damit es Frieden auf Erden werde. Daraus ist eine ökumenische Bewegung geworden, die bis heute andauert und durch geistliche und politische Impulse die Gemeinschaft der Christen stärken soll für den Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.

Seit 1983 ist das Logo „Schwerter zu Pflugscharen“ Erkennungssymbol der Ökumenischen Friedensdekade. Im Anschluss finden Sie einige Impulse, die Ihnen Anregungen geben sollen, Ihr Herz mit Frieden und guten Schätzen zu füllen.

Eine hoffentlich herzerfrischende Beschäftigung damit wünscht Ihnen

Ihre Pfarrerin Birgit Schiel

 

10 Impulse zur Ökumenischen Friedensdekade

1 - Frieden in den Familien

Mit wem haben Sie sich in der letzten Zeit gestritten oder hatten irgendwelche Spannungen? Setzen Sie sich in eine stille Ecke und versuchen Sie mindestens 5 Minuten lang, die Gedanken, Gefühle und Beweggründe des anderen zu verstehen. Dann sprechen Sie ein Gebet für den anderen und wünschen Sie ihm von Herzen Frieden. Wenn Sie das nächste Mal diesem Familienmitglied begegnen, versuchen Sie, ihm Ihren eigenen Ärger oder Enttäuschung zu erklären.

2 - Frieden unter den Christen

In Ihrer Gemeinde gibt es mit Sicherheit jemanden, der Sie mal geärgert, enttäuscht oder verletzt hat. Vielleicht sogar Ihr Pfarrer…

Wenn ein Glied im Leib Christi schmerzt, schmerzt der ganze Leib. Ihre Verletzung ist wichtig und sollte nicht ignoriert werden, auch nicht von Ihnen selbst. Innere Kündigung oder Indifferenz ist eine Fäulnis für den Leib Christi.

Vergebung kann eine Möglichkeit sein, die Wunde zu heilen. Hören Sie in sich hinein, ob in Ihnen einen Wunsch nach Heilung der Beziehung da ist. Ist der erste Schritt getan, können Sie in der nächsten Begegnung das Thema vielleicht ansprechen.

Wenn die Wunde zu frisch oder zu groß ist, ignorieren Sie sie nicht, sondern wenden Sie sich an jemanden neutralen, um die Wunde anzusehen, zu besprechen, gemeinsam zu trauern etc.

3 - Frieden im Supermarkt und in der Bahn

Im Moment wird durch die Corona-Situation sehr deutlich, wie unterschiedlich die Sicherheitsbedürfnisse der Menschen sind. Manche grüßen nicht einmal mehr und sehen einen an, als ob man durch den geringsten Kontakt schon eine Krankheit übertragen könnte. Das kann bis zur Feindseligkeit ausarten, wenn man sich zu nahekommt.

Gehen Sie daher achtsam durch den Supermarkt oder sitzen in der Bahn, sehen Sie den Menschen über die Masken hinweg freundlich in die Augen. Signalisieren Sie ein „Ich sehe dich, ich achte dich, ich respektiere deinen Wunsch nach Abstand und Sicherheit.“ Gehen Sie auch mit Ihren eigenen Sicherheitsbedürfnissen entsprechend achtsam um und kommunizieren Sie diese.

4 - Frieden auf den Straßen

Ich bin eine sehr temperamentvolle Fahrerin und kann schon mal laut schimpfen, wenn mich jemand schneidet, mir die Vorfahrt nimmt oder nicht schnell genug an der Ampel losfährt. Was sind Ihre Lieblingssituationen, in denen Sie gerne mal gereizt reagieren? Achten Sie beim nächsten Mal in einer solchen Situation auf Ihre Gedanken und Gefühle. Schicken Sie der Person, die Sie geärgert hat, folgenden Segensgruß hinterher: „Mögest du sicher und in Frieden dein Ziel erreichen. Wiederholen Sie das solange, bis Sie es meinen. Nach dem Motto: „Bete für deine Feinde, segne sie und fluche ihnen nicht…“ (Lukas 6)

5 - Frieden mit dem Fremden

Manchmal sehen wir Menschen, die einfach anders sind als wir: ungepflegte, womöglich obdachlose Menschen, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit andere Hautfarbe und Sprache, Menschen aus einem anderen Milieu, Menschen die ein Verhalten an den Tag legen, das wir nicht verstehen.

Sie alle sind aber letztlich Menschen. Wenn Sie merken, einer dieser anderen, fremden Menschen irritiert Sie oder löst in Ihnen Unbehagen oder Ärger aus, versuchen Sie ihm oder ihr mal in die Augen zu sehen. Einfach neugierig in die Augen sehen. Was ist denn dieses Fremde da im Anderen? Sie müssen nicht mögen, was Sie sehen. Aber versuchen Sie, neugierig dafür zu bleiben, dann wird der Fremde womöglich zum Mitmenschen.

6 - Frieden am Morgen

Wenn Sie morgens aufwachen und an Ihren Tag denken, bitten Sie erst mal Gott um seinen Segen dafür. Alles, was Ihnen Sorgen macht, bevor Sie überhaupt aufgestanden sind, alle Menschen, denen Sie nicht unbedingt gerne begegnen.

Stellen Sie sich diese Situationen vor und dazu Gottes große, segnende Hand, die er schützend darüber hält. Machen Sie sich bewusst, dass alles, was Sie erwartet, begleitet und behütet wird von Gott. Vertrauen Sie sich bewusst schon morgens diesem Schutz an, so werden Sie ihn auch spüren unter Tag.

7 - Frieden am Abend

Manchmal beschäftigt uns der Tag noch lange am Abend, teilweise lässt uns das Gedankenkarussel nicht schlafen. Aber was auch immer Sie am Tag beschäftigt hat: legen Sie in Gedanken die Menschen, die Situationen in Gottes Hand, wie Sie Ihre Brille auf den Nachttisch ablegen. Nach dem Motto: „Lieber Gott, da hast, du kannst du das mal bitte halten? Morgen übernehme ich das wieder, aber jetzt trag du doch bitte mal die Last für mich.“ Machen Sie das solange, bis Sie spüren, dass Sie wirklich losgelassen haben.

8 - Frieden über dem Essen

Beten Sie vor dem Essen. Immer. Und wenn es nur ein kurzes „Danke“ ist. Nahrung ist überhaupt keine Selbstverständlichkeit. Gönnen Sie sich diese kurze Unterbrechung vor dem Essen. Wer dankbar ist, ist auch friedlicher.

9 - Frieden über dem Land

Sie haben mal wieder Nachrichten gesehen und zurück bleibt das Gefühl, die Welt ist schlecht und kurz vorm Untergehen? Sie fühlen sich macht- und hilflos? Sie ärgern sich, regen sich auf, sind schockiert und entsetzt?

Dann können Sie sich 1.: mal überlegen, wann, in welcher Dosis und welche Nachrichten Sie konsumieren wollen und 2.: legen Sie, ähnlich wie beim Abendgebet, (s. 7.) die Dinge, die Sie am meisten berührt haben, in Gottes Hand und lassen Sie sie los.

10 - Frieden mit Gott

Gott tut nicht immer, wie wir wollen. Er zeigt sich nicht, wie wir es gerne hätten, er erfüllt nicht jeden Wunsch und er greift nicht ständig in das Weltgeschehen ein, wie wir das gerne vom guten Gott wollen. Das Böse ist nach wie vor in der Welt und wir leiden darunter. Manchmal sind wir deshalb von Gott enttäuscht, böse auf ihn, wenden uns von ihm ab, ignorieren ihn, lachen ihn aus oder beschimpfen ihn sogar.

Gott hält das aus, auch wenn es ihm das Herz bricht, uns leiden zu sehen.

Streiten Sie solange mit Gott, bis sie ihm wieder glauben, dass er es gut mit Ihnen meint. Der Rest zeigt sich dann von selbst.

 

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