Ein besonderes Kirchengestühl ist die Patronatsloge oder auch der Patronatsstuhl. Hierbei handelt es sich in der Regel um eine abgeschlossene Loge in einer Kirche, wohlgemerkt in einer evangelischen Kirche, denn Patronatslogen findet man nur in evangelischen Kirchen.
Diese Logen gehören gewissermaßen zur Familie der Herrschaftsemporen und befinden sich in der Regel gegenüber dem Altar oder der Kanzel. Die meisten Patronatslogen sind sehr aufwändig gestaltet. Wollte man sie einfach beschreiben, würde man heute sagen, dass sie ein wenig, wie die VIP-Lounge im Fußballstadion ist. Die Patronatsloge ist oft ein eigener Anbau im Obergeschoss des Kirchenschiffs und in den meisten Fällen auch verglast. Und natürlich sind die meisten Patronatslogen – genauso wie heute die VIP-Lounges - nicht über die normale Kirchenpforte zu erreichen, sondern haben einen eigenen Eingang, damit der Patronatsherr die Kirche nicht zusammen mit seinen Bediensteten und dem einfachen Volk betreten musste. In vielen Fällen sind diese Patronatslogen auch höher als die Kanzel angebracht, was aber nichts mit dem schönen Kirchenlied „Näher mein Gott zu dir“ zu tun hat, sondern weil damit auch der eigene hohe Stand zum Ausdruck gebracht werden sollte. Die Patronatslogen sind nämlich auch Ausdruck der weltlichen Macht.
Es gibt auch bescheidenere Versionen, die dann entweder ein hölzerner Einbau oder ein abgetrennter Bereich als Teil der Empore sind. Das war wie immer eine Frage des Geldes.
Warum brauchte es aber überhaupt diese Logen? Reichte es nicht, wie heute, die Promis und Regierenden bei besonderen Gottesdiensten einfach in die erste Reihe zu setzen? Nein, denn die Patronatsloge oder der Patronatsstuhl geht auf das sogenannte Eigenkirchenwesen des Mittelalters zurück. Sprich: Adlige konnten sich auf ihrem Grund und Boden ihre eigenen Kirchen errichten und blieben auch deren Eigentümer. Damit verbunden war das Recht, Priester zu berufen.
Mit der Reformation gewann dann das Patronat in den protestantischen Regionen Deutschlands an Bedeutung, was wesentlich mit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 verbunden war. Hier entstand der formelhafte lateinische Rechtsgrundsatz "Cuius regio, eius religio" – sprich: "Wessen Gebiet, dessen Religion". Mit anderen Worten: Der Landesherr konnte die Religion seiner Untertanen festlegen. Damit übernahmen die weltlichen Herrscher oft die Rolle des Kirchenhaupts, wodurch die Trennung von Kirche und Staat immer unschärfer wurde. Wir erinnern uns daran, als in Preußen der Talar für Pfarrer eingeführt wurde, handelte es sich dabei um einen Beamtenkittel, weil die evangelischen Pfarrer Staatsbedienstete waren. Das Patronat wurde damit zu einem Instrument, mit dem die weltlichen Herrscher die kirchlichen Angelegenheiten bestimmen konnten und so auch das religiöse Leben der Bevölkerung beeinflussen konnten. Das erklärt, weshalb die Patronatsloge höher angelegt war als die Kanzel.
Die Patronatsloge ist ein Phänomen, das sich vor allem in protestantischen Kirchen findet. Dies liegt daran, dass die Reformation den Einfluss der weltlichen Herrschaft auf kirchliche Angelegenheiten stärkte, damit wurde die Patronatsloge mehr und mehr zu einem protestantischen Phänomen, während in katholischen Kirchen die Trennung zwischen weltlicher und geistlicher Macht grundsätzlich deutlicher war, sodass solche Logen dort weniger verbreitet waren.
In den evangelischen Fürstentümern war bis zum Ende der Monarchie der jeweilige Fürst in aller Regel auch immer das Kirchenoberhaupt. So gab es in Preußen seinerzeit auch keinen Bischof, sondern Generalsuperintendenten. Erst nach 1945 gab es im früheren Preußen einen echten Bischof.
Mit dem Patronat war für die Kirche auch ein gewisser Vorteil verbunden. Der Patronatsherr hatte nämlich die Pflicht für den Unterhalt der Kirche zu sorgen. Es gibt heute noch einige wenige Kirchen in Deutschland, in denen nach wie vor die Patronatsrechte bestehen.
Eine der bekanntesten Patronatskirchen Bayerns ist die evangelisch-lutherische St. Laurentius-Kirche im oberfränkischen Thurnau.
Die Patronatsloge ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass Kirchengestühl nicht einfach nur eine Sitzgelegenheit ist, sondern auch die Wechselwirkungen zwischen Kirche und Gesellschaft im Laufe der Geschichte widerspiegeln kann. Die Patronatsloge erzählt damit zugleich sehr viel über die besondere Verbindung von Evangelischer Kirche und Staat, und damit auch von der magischen Verbindung von Macht und Religion.
Pfr. Martin Dubberke