KIRCHENAUSSTATTUNG: Folge 26 - Der Altar - Standortbestimmung

Der Altar - Standortbestimmung
Bildrechte Martin Dubberke

Wo steht eigentlich in der Kirche der Altar? Mittendrin, direkt an der Wand oder so, dass man drum herum gehen kann?

Unsere Mesnerin Elisabeth Beer hat mir kürzlich eine sehr schöne Geschichte aus ihrer Heimat erzählt. Dort gab es einen Altar, um den man sich nicht beim Abendmahl herum versammeln konnte, so wie wir es bei uns z.B. in der Johanneskirche können. Also hielten zwei Kirchenälteste ein Tuch, eine Altardecke, die nun den Altar, den Tisch, um den sich die Gemeinde herum versammelt, symbolisieren sollte.

Damit wird auf eine ganz frühe Funktion des Altars hingewiesen. In den Anfängen der Kirche gab es keine Kirchen, man traf sich um einen Tisch herum, an dem man auch das Abendmahl feierte. Der Tisch, der Altar war also immer der Ort, an dem man Tischgemeinschaft miteinander pflegte. Man traf sich zum Brechen des Brotes und Trinken des Weinbechers; so, wie wir das aus dem Ersten Brief an die Korinther kennen. Im elften Kapitel erinnert Paulus hier an die Einsetzungsworte und die damit verbundene Mahlpraxis. Auch in der Apostelgeschichte 2,46 wird auf diese Praxis hingewiesen:

Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen.

An diesen Beispielen wird deutlich, dass es sich erst einmal um einen einfachen Tisch gehandelt hat und nicht um einen Altar. Man traf sich in Versammlungsräumen. Es gab keine eigenen Tempel oder Gotteshäuser. Schon allein der Begriff Gotteshaus trifft ja für uns Christinnen und Christen im Grunde genommen nicht zu, weil wir – wie Hubertus Halbfas so schön auf den Punkt bringt – eine Kirche nicht für Gott errichtet haben, sondern als Haus für die Gemeinde, in dem wir uns als Gemeinde zum Gottesdienst versammeln. Man brauchte also nur einen Raum und einen Tisch, um sich zu versammeln. Keine Bilder, kein Schmuck, kein Pomp, keine Symbole. Kirche war gewissermaßen ein Ereignis, ein Zusammentreffen von Menschen, die sich dem Herrn zugehörig fühlen. Das macht das aus dem Griechischen stammende Wort „Kirche“ deutlich: kyriake – da steckt das Wort kyrios, also Herr, drin. Kyriake bedeutet „dem Herrn gehörig“. Und so traf man sich damals zu Paulus Zeiten in einfachen Versammlungsräumen, um die jesuanische Mahltradition zu pflegen. Und das ging nur, wenn der Tisch gewissermaßen mitten im Raum stand. Daran erinnert auch die Tradition, von der Elisabeth Beer erzählt hat. Schöner kann man kaum beschreiben, wie mit der Zeit aus dem Mahltisch ein Altar geworden ist.

Pfr. Martin Dubberke