ANgeDACHT - Eine Art von Kind-Vater-Beziehung

Pfr. Martin Dubberke
Bildrechte Pfr. Martin Dubberke

In dieser Woche hat mich eine Strophe aus Neanders Lied „Wunderbarer König“ sehr bewegt:

„Himmel, lobe prächtig deines Schöpfers Taten mehr als aller Menschen Staaten. Großes Licht der Sonne, schieße deine Strahlen, die das große Rund bemalen. Lobet gern, Mond und Stern, seid bereit, zu ehren einen solchen Herren.“

„Himmel, lobe prächtig deines Schöpfers Taten mehr als aller Menschen Staaten.“ Spannende Worte in diesen Zeiten, in denen viel von Freiheit und Obrigkeit die Rede ist. In diesen Zeiten Freiheit zu erleben, zu erfahren, hat sich vollends verändert. Manche empfinden Freiheit im Rückzug ins Innere, manche empfinden Gefangenschaft.

Mich erinnert das Ganze irgendwie an das Verhältnis von Eltern und Kindern. Als Kind bin ich ja irgendwie immer abhängig von dem, was meine Eltern mir sagen, von mir wollen, mir erlauben, mir verbieten.

Ich bin ein Kind Gottes. Und Gott hat mir ganz viel erlaubt. Er hat mir auch erlaubt, ganz vieles nicht zu tun. Eine feministische Theologin, deren Namen mir gerade nicht einfällt, sprach einmal von den „Zehn Erlaubnissen“. In und mit Gott erlebe ich Freiheit. Und wenn ich mir die Statusbilder mancher Freunde und Kolleginnen auf WhatsApp oder Stories in Facebook anschaue, sehe ich, wie sie Freiheit leben, nämlich nicht aus dem Verbot, sondern aus der Erlaubnis heraus. Und manch einer entdeckt in der Weite der Schöpfung Gottes mit einem Mal sich selbst wieder.

Und auf der anderen Seite haben wir den Staat. Da haben immer mehr mehr Menschen das Gefühl, von Vater Staat entmündigt zu werden. Aha, schon wieder so eine Kind-Eltern oder in diesem Fall Kind-Vater-Geschichte. Aber anders als bei Gott, empfinden sich hier viele Menschen entmündigt oder bevormundet. Sie fühlen sich ohnmächtig und ausgeliefert.

Wir alle – egal, ob wir besser oder schlechter mit dieser Situation umgehen können – haben die Chance, in dieser Zeit, etwas zu erkennen und zu lernen, z.B. den Wert unserer Freiheit, die mit einem Male doch nicht so selbstverständlich ist, wie unsereins immer dachte, weil wir doch so groß geworden sind. Ich habe die Freiheit, den Wert von Freundschaften, zwischenmenschlichen Beziehungen neu zu entdecken. Ich habe die Freiheit, einen neuen Blick auf meine Arbeit zu gewinnen. Und ich habe die Freiheit meine eigene Existenz und meine Existenzängste zu erkennen. Ich habe die Freiheit überhaupt, meine Ängste auch zu hinterfragen. Für manchen mag das nicht nach Freiheit klingen, gerade, wenn er Angst um seine eigene berufliche Existenz hat, was hier in unserer Gemeinde sehr häufig vorkommt. Aber es macht auch deutlich, dass Freiheit eine Herausforderung ist, die seelisch und körperlich sehr anstrengend und kräftezehrend sein kann.

Wie dankbar bin ich da als Christ, dass meine Freiheit bei Gott liegt und nicht beim Staat. In diesem Zusammenhang bin ich dieser Tage in Wolfgang Hubers wunderbarem Buch „Dietrich Bonhoeffer – Auf dem Weg zur Freiheit“ (Seite 102) über folgende Zeilen gestolpert, in denen er Bonhoeffer zitierend zusammenfasst:

„Im Zentrum steht die Überzeugung, dass es «durch jedes Ereignis, und sei es noch so ungöttlich, hindurch einen Zugang zu Gott» gibt; darum soll man «Gott in dem finden und lieben, was er uns gerade gibt» (8: 242, 244).“

Darauf kann ich nur mit „AMEN“ antworten.

Herzlichst

Ihr Pfr. Martin Dubberke


PS

Nicht alle Menschen in unserer Gemeinde haben Internet. Wir legen daher in unseren Kirchen zu jedem Erscheinungstag ausgedruckte Exemplare in unsere Kirchen und falls Sie es einem Nachbarn oder einer Nachbarin mit einem kleinen Gruß in den Briefkasten stecken möchten, können Sie es sich gerne als PDF herunterladen und ausdrucken.

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